Die Meditation stellt im Ninjutsu einen wichtigen Aspekt dar.
Abgesehen davon, dass das bewegte Training selbst mit grosser Bewusstheit und fokussiert auf den momentanen Augenblick erfolgen sollte, macht auch die Meditation in dem Sinne, wie wir sie zumeist verstehen, also in körperlicher Ruhe, einen grossen Teil des täglichen Trainings eines Shinobi (Ninjutsu-Schüler) aus.
Für mich persönlich ist das Gleichgewicht zwischen den beiden Aspekten des Menschseins wichtig.
Einerseits neigt unsere Gesellschaft ohnehin zur Vergeistigung und Abwertung des Körperlichen, andererseits findet körperliches Training oftmals relativ geistfrei statt.
Fangen wir doch an von diesem weit verbreiteten Geist-Körper-Dualismus ab zu kommen und uns wieder als das zu empfinden, was wir wirklich sind, inkarnierter Geist.
Wir beenden unser Training jeweils mit einem kurzen Sitzen in Seiza.
Ansonsten empfehle ich den Teilnehmern zu Hause Zazen zu praktizieren.
Die grösste Herausforderung besteht meiner Meinung nach, unabhängig davon, welchen Stil oder welche Tradition man gewählt hat, darin, die Ruhe und Gelassenheit des meditativen Zustands in den Alltag mit zu nehmen.
Die postmoderne Gesellschaft fordert uns einiges an Anpassungs- und auch Abgrenzungsfähigkeit ab, die es zu bewahren, oder überhaupt erst wieder zu erlangen gilt.
Und auch hier schlummert schon wieder das Paradox, denn ich meine mit Abgrenzung nicht diesen spätkapitalistischen Individualismus, der im Gegensatz zu Verbundenheit steht, sondern eigentlich genau das Gegenteil davon.
Erst wenn wir lernen uns vor ungerechtfertigten Erwartungen und emotionalen Abhängigkeiten nicht mehr bedrängen zu lassen, kann sich ein Gefühl von Harmonie und Verbundenheit mit dem Kosmos, ohne ständige Abwehrhaltung, einstellen.
Das ist, von mir aus gesehen, der interessanteste Aspekt der Kampfkunst in der heutigen Zeit, und auch der relevanteste.
Denn wie oft werden wir schon physisch angegriffen?
Aber im Gegensatz dazu gibt es täglich Situationen und Menschen, die meinen das Recht zu haben uns zu etwas zu drängen, von uns Dinge und Taten zu erwarten, uns weismachen wollen, wir seien im Unrecht, wenn wir unserer inneren Stimme folgen, oder uns in irgendeine Schublade zu stecken versuchen, wenn wir ganz einfach einmal nicht der Norm entsprechen.
Auch wenn das zeitweilig materielle oder auch emotionale Nachteile mit sich bringen wird, der Lohn dafür ist zigmal wertvoller, nämlich ein Gefühl inneren Friedens, Festigkeit und Integrität.
Etwas muss ich allerdings noch ergänzen:
Das physische Training ist alles andere als unwichtig.
Denn wir leben als Körper in einer materiellen Welt und sollten uns dessen bewusst sein.
Wenn wir meinen auf alles körperliche verzichten zu können, sollen, müssen oder wollen, sehe ich relativ wenig Sinn darin, dass wir überhaupt in diese Welt gekommen sind.
Und ich habe Religionen und geistige Strömungen auf dem Kicker, die mir erzählen wollen, ich solle meinen Körper vernachlässigen.
Diese sind Irrwege und gehören in die alte Zeit, wenn sie nicht auch da schon daneben waren.
Jede von mir als ernst zu nehmende spirituelle Tradition betrachtete Strömung beginnt als Vorbereitung auf die geistige Entwicklung mit Körperübungen.
Denn auf dieser relativ klar fassbaren Ebene ist es uns möglich, anhand einfacher Beobachtungen Zusammenhänge zu erkennen deren Logik zur Orientierung im Geistigen unerlässlich ist.
Alles im letzen Abschnitt Gesagte widerspiegelt meine momentane Überzeugung.
Ich möchte damit niemanden persönlich angreifen, bitte verzeihen Sie meine Vehemenz.
Ich behalte mir ausserdem vor meine Meinung jederzeit in alle Richtungen zu ändern.
Für Diskussionen und Anregungen benutzen Sie bitte das Gästebuch.
Samuel Hubacher